Beziehungen
TEIL 3 – BZ3
Klanverhalten - nie gehört?
Ku-Klux-Klan? Mafia? Indianerstamm? Nun ja, das sind alles Klans.
Aber du? Gehörst du auch zu einem Klan? Nein? Aber du hast eine Familie? Nun, dann ist sie dein Klan. du lebst in einem Dorf, einer Stadt, hast Freunde, du bist in einem Sportclub, engagierst dich in einer politischen Partei, bist Angestellter in einer Firma? Dann ist das dein „persönlicher Umfeld-Klan“. Du besitzt einen Pass, bist Teil einer Bevölkerungsgruppe, zum Beispiel Europäer, Afrikaner, Asiate, gehörst zur Spezies Mensch – dann ist das dein erweiterter Klan.
Du siehst, du bist eingebunden in Klans ohne Ende, ob du es willst oder nicht.
Ich bin in einem Miniklan aufgewachsen. Meine Familie hatte zwar theoretisch eine große Verwandtschaft, aber wir hatten wenig Kontakt. Bei uns gab es daher kein Hin- und Hergezerre, kein Herumgestreite, keine Einmischungen wie in manchen Großfamilien. Anderseits habe ich aber auch das fröhliche Zusammensein und das Zugehörigkeitsgefühl in einem großen Familienverband nie erlebt und auch nicht, wie man sich in einer Gruppe durchsetzt. Mit anderen Worten, Klans haben sowohl Vorteile als auch Nachteile. Grundsätzlich sind sie einfach unser soziales System, nicht mehr und nicht weniger.
Seit urdenklichen Zeiten haben solche Zusammenschlüsse, ob klein oder groß, jedem Mitglied enorme praktische Vorteile gebracht. Ein Klan bietet Überleben, Hilfe und Schutz. Er ermöglicht Arbeitsteilung und gemäßigte Evolution.
Ich sage „gemäßigte“ Evolution, weil Gruppen naturgemäß mittelmäßig sind. Sie orientieren sich weder an den Schwächsten noch an den hochbegabten Spitzenreitern, sondern an der Mitte, an der Mittelmäßigkeit. Die untere Randgruppe wird meistens toleriert, im günstigsten Fall betreut und versorgt. Die nach oben strebenden Kräfte der Stärksten werden auch nicht geliebt, sondern, wenn sie sich nicht an die etablierten hierarchischen Möglichkeiten halten, meistens als Bedrohung wahrgenommen.
Warum ist das so? Nun, Gruppen lieben ihre Komfortzone und verabscheuen Extreme. Deshalb sind die allgemeinen Regeln, auf die sich eine Gruppe verständigt, nicht auf die Bedürfnisse einer kleinen Spitzengruppe oder einer unterbemittelten Minderheit zugeschnitten, sondern auf die durchschnittlichen Bedürfnisse der Masse ihrer Mitglieder. (Genauso übrigens wie in einem Staatsgefüge, oder andersrum: das Staatsgefüge ist ein Abbild eines Klansystems). Was die Wertvorstellungen betrifft, so bilden sich in der Gruppe gemeinsame Standpunkte heraus, die dann zum „Gesetz“ erhoben werden und streng eingehalten werden müssen, egal ob sie vernünftig sind oder nicht. Das nennt man dann Tradition.
Nehmen wir einmal an, dass die Schwachen versorgt sind, aber was passiert mit den aufmüpfigen Spitzenreitern? Wenn ein Mitglied mehr will, als in den sozialen Strukturen des Klans vorgesehen ist oder wenn er oder sie gar versucht, die Gemeinschaft zu verlassen, schrillen alle Gruppenalarmglocken. Warum eigentlich? Die Gruppe als solche bleibt doch intakt und funktionsfähig, auch wenn einer von ihnen aussteigt.
Schauen wir einmal näher hin. Da ist der junge intelligente Mann, der sich zu Größerem berufen fühlt und einfach nicht aufzuhalten ist, obwohl ihn alle warnen, dass er es nicht schaffen wird und ihn zurückhalten wollen. Vielleicht hat er eine Erfindung gemacht, vielleicht brennt er für eine Idee und möchte sich in der „Welt da draußen“ beweisen. Wenn er es schafft, das zähe Band der „Klanzugehörigkeit“ zu zerreissen, zeigt er der Gruppe zwei Dinge: Erstens, dass er mutiger und „besser“ ist als sie und zweitens, hält er ihr den Spiegel der eigenen Mittelmäßigkeit, Trägheit und Kleinkariertheit vor. Niemand lässt sich gern vorführen, eine ganze Gruppe schon gar nicht. Das ist nicht gut für das kollektive Ego. Die Gruppe wird also alles daran setzen, den Nestflüchtling zurück zu halten und oft, wenn der Ausreisser nicht stark genug ist, gelingt es ja auch.
Sobald der „Flüchtling“ es aber dann doch schafft und eines Tages erfolgreich zurückkehrt, dreht sich das Ganze. Plötzlich wird er zum gefeierten Helden und die Gruppe schmückt sich mit seinen Lorbeeren. Er wird zum Aushängeschild, nach dem Motto: „Sehr her, das ist einer von uns. Er ist ein Produkt der Gruppe.“
Inzwischen wirst du dich vielleicht schon gefragt haben, warum ich dir das alles erzähle und was das alles mit dir zu tun hat. Nun, als Klanmitglied hast du sicher schon gemerkt, dass du, wenn du dazugehören willst, dich an die Regeln halten und mitspielen musst. Mehr noch. Du musst bis zu einem gewissen Grad mit den Wölfen heulen. Um nicht ausgegrenzt zu werden, stimmst du also deinem Nachbarn zu, wenn er sich über den Hund der Frau nebenan beschwert, obwohl er dir eigentlich gar nicht auf die Nerven geht. du stimmst deiner Kollegin zu, wenn sie über den Regen, die Dürre, die Kälte oder die Hitze wettert, obwohl dir das Wetter eigentlich gefällt, oder du stimmst deinen Freunden zu, wenn sie das nachplappern, was unsere Medien uns vorbeten. Ihr schimpft gemeinsam über die Steuern oder die Benzinpreise, nur um das Gefühl der Gemeinschaft, das „Wir-Gefühl“ aufrecht zu erhalten.
Das kann es aber doch nicht sein, nicht wahr? Das steht in direkten Gegensatz zu dem, was wir uns vorgenommen haben. Erinnerst du dich? Wir wollten unsere eigenen Gedanken denken. Wir wollten den Fokus auf Positives lenken (Persönliche Entwicklung 3 und Persönliche Entwicklung 8). Wir wollten bewusster reagieren. Wir wollten die Gedankenwelt unseres Umfeldes hinterfragen und uns, wenn notwendig, davon abgrenzen.
Oje, jetzt haben wir ein großes Problem. Wir stecken in der Klemme. Wie können wir unser Streben nach Eigenständigkeit und persönlicher Entwicklung mit dem Wunsch zum Klan zu gehören vereinbaren?
Ich schlage vor, wir unterhalten uns im nächsten Blog weiter darüber. Einverstanden?
Bei allen Themen, die ich anschneide, bei allen Ratschlägen oder Anstössen, die ich gebe, vergiss nicht: Ich bin kein Guru. Ich gebe an Dich weiter, was ich weiss, was ich ausprobiert habe. Alles, was ich möchte, ist, Dich anzuregen, Dich mit Dir selbst und mit vielleicht für Dich neuen Themen zu beschäftigen. Nütze die Gelegenheit, steige tiefer ein – Informationen gibt es überall – such Dir aus, was für Dich passt, organisiere und lebe Dein erfülltes Leben.






